S07E07: Nomen est omen: Wie nennst du deine Projekte? - Teil 1 (#73)

Worum geht’s in dieser Folge? Ich bin ja in dieser Staffel dabei, das Buch „Personal Projects Pursuit“ von Brian Little zu studieren, und darin bin ich auf einen Artikel gestoßen, der mir besonders viel Freude gemacht hat. Wie ihr vielleicht wisst oder nicht wisst, ich habe neben einem Wirtschaftsstudium auch Sprachwissenschaft studiert. Ich bin also auch gelernter Sprachwissenschaftler, und in dem Buch gibt es tatsächlich einen Artikel, wo die Personal Projects Forschung und die Sprachwissenschaft zusammenfinden. Und genau über diesen Artikel möchte ich in dieser Folge - und auch in der nächsten - sprechen.  Der Artikel stammt übrigens von Neil C. Chambers und findet sich im Buch auf den Seiten 145 - 169 - für jene unter euch, die das nachlesen möchten. All jene, die lieber hören als lesen, lade ich hiermit ein, mit mir eine spannende Reise in die Sprache unserer Personal Projects zu unternehmen. Worum geht's in dem Artikel? Neil Chambers ist der Frage nachgegangen, ob man aus der Art und Weise, wie wir unsere Personal Projects benennen, irgendetwas herauslesen kann.  Wir müssen uns nämlich Folgendes vorstellen: Jeder von uns hat ja eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein bestimmtes Personal Project zu benennen. Die Namen unserer Personal Projects sind ja in der Regel nicht vorgegeben, sondern wir wählen diese Namen selbst. Und dabei ist es interessant, dass wir diese Namen tatsächlich nicht ganz zufällig wählen dürften, oder anders formuliert: Welche Namen wir unseren Projekten geben, das sagt etwas über diese Projekte selbst aus. Ich gebe euch ein Beispiel: Stellt euch vor, ich habe ein Projekt, wo es im Grunde darum geht, dass ich ein guter Ehemann sein möchte, was auch immer das konkret bedeuten mag. Also habe ich ein Personal Project, genauer gesagt ein Self Project, dem ich einen Namen geben kann. Und dieses Projekt könnte heißen „Ein guter Ehemann sein“. Klar. Es könnte aber genauso gut heißen „Kein schlechter Ehemann sein“. Oder es könnte heißen „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“. Oder es könnte heißen „Öfter mal ein guter Ehemann sein“. Oder es könnte heißen: „Ein guter Ehemann sein, um meine Ehe zu retten“. Oder es könnte auch heißen „Weiterhin ein guter Ehemann sein“. Und noch viele andere Varianten, die unsere Sprache hergibt. Wie wir unsere Personal Projects benennen, dafür gibt es keine Regeln. Aber Neil Chambers beschreibt in seinem Artikel, dass es dennoch nicht ganz zufällig ist, welche Namen wir unseren Projekten geben.  Er hat z.B. untersucht, ob es tatsächlich einen Unterschied macht, ob jemand sein Projekt „Ein guter Ehemann sein“ nennt oder „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“. Wie hat er das erforscht? Mit der Personal Projects Analysis, die ich ja vor ein paar Folgen vorgestellt habe. Jedenfalls hat er sich 10.604 Projektnamen angesehnen und die in fünf Kategorien geteilt: Aktions-Namen, sozusagen die „normalen“ Projektnamen, also zB „ein guter Ehemann sein“ Versuchs-Namen, also zB „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“ Mehr-von-Namen, also zB „Ein besserer Ehemann sein“ oder auch „Öfter ein guter Ehemann sein“ Vermeidungs-Namen, also zB „Kein schlechter Ehemann sein“ oder „Weniger oft ein schlechter Ehemann sein, damit meine Ehe nicht in die Brüche geht“ oder sowas in die Richtung. Fortsetzungs-Namen, also zB „Weiterhin ein guter Ehemann bleiben“
 Worum geht’s in dieser Folge?
Ich bin ja in dieser Staffel dabei, das Buch „Personal Projects Pursuit“ von Brian Little zu studieren, und darin bin ich auf einen Artikel gestoßen, der mir besonders viel Freude gemacht hat. Wie ihr vielleicht wisst oder nicht wisst, ich habe neben einem Wirtschaftsstudium auch Sprachwissenschaft studiert. Ich bin also auch gelernter Sprachwissenschaftler, und in dem Buch gibt es tatsächlich einen Artikel, wo die Personal Projects Forschung und die Sprachwissenschaft zusammenfinden. Und genau über diesen Artikel möchte ich in dieser Folge - und auch in der nächsten - sprechen.  
Der Artikel stammt übrigens von Neil C. Chambers und findet sich im Buch auf den Seiten 145 - 169 - für jene unter euch, die das nachlesen möchten. All jene, die lieber hören als lesen, lade ich hiermit ein, mit mir eine spannende Reise in die Sprache unserer Personal Projects zu unternehmen.
Worum geht's in dem Artikel?
Neil Chambers ist der Frage nachgegangen, ob man aus der Art und Weise, wie wir unsere Personal Projects benennen, irgendetwas herauslesen kann.  
Wir müssen uns nämlich Folgendes vorstellen: Jeder von uns hat ja eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein bestimmtes Personal Project zu benennen. Die Namen unserer Personal Projects sind ja in der Regel nicht vorgegeben, sondern wir wählen diese Namen selbst. Und dabei ist es interessant, dass wir diese Namen tatsächlich nicht ganz zufällig wählen dürften, oder anders formuliert: Welche Namen wir unseren Projekten geben, das sagt etwas über diese Projekte selbst aus. 
Ich gebe euch ein Beispiel: Stellt euch vor, ich habe ein Projekt, wo es im Grunde darum geht, dass ich ein guter Ehemann sein möchte, was auch immer das konkret bedeuten mag. Also habe ich ein Personal Project, genauer gesagt ein Self Project, dem ich einen Namen geben kann. Und dieses Projekt könnte heißen „Ein guter Ehemann sein“. Klar. Es könnte aber genauso gut heißen „Kein schlechter Ehemann sein“. Oder es könnte heißen „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“. Oder es könnte heißen „Öfter mal ein guter Ehemann sein“. Oder es könnte heißen: „Ein guter Ehemann sein, um meine Ehe zu retten“. Oder es könnte auch heißen „Weiterhin ein guter Ehemann sein“. Und noch viele andere Varianten, die unsere Sprache hergibt. 
Wie wir unsere Personal Projects benennen, dafür gibt es keine Regeln. Aber Neil Chambers beschreibt in seinem Artikel, dass es dennoch nicht ganz zufällig ist, welche Namen wir unseren Projekten geben.  
Er hat z.B. untersucht, ob es tatsächlich einen Unterschied macht, ob jemand sein Projekt „Ein guter Ehemann sein“ nennt oder „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“. Wie hat er das erforscht? Mit der Personal Projects Analysis, die ich ja vor ein paar Folgen vorgestellt habe. Jedenfalls hat er sich 10.604 Projektnamen angesehnen und die in fünf Kategorien geteilt: 
  1. Aktions-Namen, sozusagen die „normalen“ Projektnamen, also zB „ein guter Ehemann sein“ 
  2. Versuchs-Namen, also zB „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“ 
  3. Mehr-von-Namen, also zB „Ein besserer Ehemann sein“ oder auch „Öfter ein guter Ehemann sein“ 
  4. Vermeidungs-Namen, also zB „Kein schlechter Ehemann sein“ oder „Weniger oft ein schlechter Ehemann sein, damit meine Ehe nicht in die Brüche geht“ oder sowas in die Richtung. 
  5. Fortsetzungs-Namen, also zB „Weiterhin ein guter Ehemann bleiben“ 
Und dann hat sich Neil Chambers angeschaut, ob es einen Zusammenhang gibt, wie wir unsere Projekte benennen und und wie erfolgreich wir glauben, dass wir bei der Umsetzung dieser Projekte sein werden. Eine ganz, ganz spannende Frage, wie ich finde - und überhaupt eine geniale Idee, sowas zu untersuchen.  
Okay, schauen wir uns an, was Neil Chambers herausgefunden hat. 
a) Versuchs-Namen
Zuerst hat sich Neil Chambers die Versuchs-Projekte angesehen, also „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“. Dabei hat er folgendes herausgefunden: Wer sein Projekt nennt „Versuchen, ein guter Ehemann zu sein“ und nicht einfach nur „Ein guter Ehemann sein“, also wer etwas versucht zu tun anstatt es einfach zu tun, der schätzt die Erfolgschancen dieses Projekts systematisch schlechter ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Versuchs-Projekt scheitert, wird von den Probanden der Untersuchung höher eingeschätzt, als das bei einem normalen Aktions-Projekt der Fall ist. 
Warum ist das so? Weil wir uns mit dem „versuchen“ ein Hintertürchen offen lassen. Es geht bei Versuchs-Projekten nämlich nicht um das Ergebnis, nicht um den Output, sondern nur um den Versuch. Bei Versuchs-Projekten ist das Projektziel also schon erreicht, wenn du es nur versuchst - unabhängig davon, ob du jetzt tatsächlich ein guter Ehemann gewesen bist oder nicht. Unsere Sprache ist also verräterisch: Wenn wir das Wort „versuchen“ in unseren Projektnamen einbauen, dann wissen wir unbewusst längst, dass das ein Projekt ist, bei dem wir eher nicht glauben, dass wir groß Erfolg haben werden. 
b) Mehr-von-Namen
Kommen wir zu den Projekten mit Mehr-von-Namen, also beispielsweise „Ein besserer Ehemann sein“ oder auch „Mehr Sport machen“ oder „Mehr Zeit mit meinen Eltern verbringen“ oder „Wieder öfter Klavier spielen“ und so weiter. Was hat Neil Chambers über diese Projektnamen herausgefunden?  
Grundsätzlich ist es so, dass wir von diesen Mehr-von-Projekte tatsächlich gerne mehr in unserem Leben hätten. Also wenn jemand sagt, sie hat ein Projekt das heißt „Wieder öfter Klavier spielen“, dann ist es meisten so, dass das Projekt ihr tatsächlich Freude bereiten würde. Also, mit unseren Mehr-von-Projekten verbinden wir in der Regel sehr positive Gefühle. Aber es gibt einen Haken: Gleichzeitig schätzen wir die Wahrscheinlichkeit, dass wir tatsächlich „mehr von“ etwas in unser Leben bekommen, als nicht besonders hoch ein. Wenn ich also sage, mein Projekt heißt „Ein besserer Ehemann sein“, dann drücke ich damit unbewusst aus, dass es mir zwar schon gut gefallen würde, wenn ich ein besserer Ehemann wäre, aber leider, leider… ich glaube nicht, dass mir das gelingen wird. Oder im Fall des Projekts „Wieder öfter Klavier spielen“: Ja, sie würde wirklich gerne öfter Klavier spielen, aber neben den vielen anderen Dingen, die im Alltag zu erledigen sind, schätzt sie die Wahrscheinlichkeit nicht besonders hoch ein, dass sie dafür wirklich Zeit und Muße finden wird. 
c) Vermeidungs-Namen
Okay, was ist mit den Vermeidungs-Namen, also z.B. „Kein schlechter Ehemann sein“ oder auch „Nicht so ungesund essen“. 
Auch bei diesen Projekten haben wir ein Problem, und zwar Folgendes: Wenn wir ein Projekt hernehmen, das heißt „Mich gesund ernähren“, dann kann ich, wenn ich mich ein bisschen einlese, wahrscheinlich sagen: Okay, da gibt es vier, fünf oder sechs Dinge, die ich in meiner Ernährung umstellen sollte, und dann habe ich schon einen großen Schritt Richtung gesunder Ernährung gemacht. Aber was ist, wenn ich das Projekt in Richtung Vermeidung formuliere, also „Schlechte Ernährung vermeiden“? Dann ist es so, dass ich zwar nur eine Handvoll Dinge habe, die ich tun kann, um mich GUT zu ernähren, aber tausend Möglichkeiten, um mich SCHLECHT zu ernähren. Es gibt also viel mehr Möglichkeiten, etwas falsch zu machen, als etwas richtig zu machen. Das gilt auch für das Projekt „Ein guter Ehemann sein“. Wenn ich mein Projekt nenne „Kein schlechter Ehemann sein“, dann habe ich irrsinnigen Stress damit, weil es potenziell tausend Sachen gibt, die mich zu einem schlechten Ehemann machen könnten - und die will ich ALLE vermeiden! Wohingegen, wenn ich „nur“ ein guter Ehemann sein will, es vielleicht ein Dutzend Sachen gibt, die ich gut machen kann und um die ich mich kümmern muss, und dann ist die Sache geritzt. Ist vielleicht auch noch anstrengend und stressig, aber wesentlich weniger, als wenn ich alles Mögliche zu vermeiden versuche. 
Also: Projekte, denen wir Vermeidungs-Namen geben, sind tendenziell Projekte, mit denen wir uns sehr viel mehr Stress machen als mit normalen Aktions-Namen-Projekten. 
d) Fortsetzungs-Namen
Und zum Schluss: Was ist mit den Fortsetzungs-Namen, also z.B. „Weiterhin ein guter Ehemann sein“? 
Wenn ich mein Personal Project nenne „Weiterhin ein guter Ehemann sein“ statt nur „Ein guter Ehemann sein“, dann bedeutet das ja, dass ich bisher schon ein guter Ehemann war und ich es nur weiterhin auch sein muss. Das heißt, dass ich mit dem Ziel, ein guter Ehemann zu sein, bisher schon recht guten Erfolg gehabt haben muss. Solche Projekte, wo wir etwas, das wir ziemlich erfolgreich tun, „nur“ fortsetzen müssen… die tun uns gut. Solche Projekte empfinden wir als weniger stressig, und auch die Erfolgschancen schätzen wir höher ein. 
Fortsetzungs-Namen sind also der einzige Fall, wo der Name tatsächlich eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit ausdrückt als bei ganz normalen Aktions-Namen. Bei allen anderen Namen, also Versuchs-Namen, Mehr-von-Namen oder Vermeidungs-Namen, lassen wir mit der Namenswahl schon erkennen, dass wir ziemliche Zweifel daran haben, dass wir dieses Projekt tatsächlich erfolgreich umsetzen werden können. 
Ich finde die Forschungsergebnisse von Neil Chambers sehr, sehr spannend, und ich hoffe, die kleine Reise ins Gebiet der Sprachwissenschaft hat dir ebenso viel Spaß gemacht wie mir. 
Wenn ja, dann lade ich dich ein, auch bei der nächsten Folge dabei zu sein. Denn da werde ich über ein weiteres Forschungsergebnis von Neil Chambers sprechen. Er ist nämlich auch der Frage nachgegangen: Könnte es sein, dass bestimmte Menschen zu bestimmten Formulierungen neigen? Also, gibt es Menschen, die ihren Personal Projects bevorzugt Versuchs-Namen geben? Oder eine andere Gruppe, die ihren Projekten eher Vermeidungs-Namen geben? Und wenn ja, was kann man über solche Versuchs-Typen oder Vermeidungs-Typen oder Mehr-von-Typen sagen? Wie sind die? 
Alles spannende Fragen, mehr dazu beim nächsten Mal. 
Zusammenfassung
Wenn ihr euch eine Sache aus dieser Folge mitnehmen sollt, dann wäre es das: 
Neil Chambers hat herausgefunden, dass es alles andere als zufällig ist, wie wir die Namen für unsere Projekte wählen. Die Art und Weise, wie wir unsere Projekte nennen, darin schwingt bereits auch mit, für wie stressig wir diese Projekte halten und wie hoch wir die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass wir mit diesen Projekten tatsächlich Erfolg haben werden. 
S07E07: Nomen est omen: Wie nennst du deine Projekte? - Teil 1 (#73)
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